Dienstag, 9. Oktober 2012

STUTTGART MON AMOUR: Wenn ein Kaffeehaus stirbt

Es war schon ein wenig renovierungsbedürftig, und mittags roch es immer nach dem jeweiligen Tagesgericht, weil die Lüftung nicht funktionierte. (Das Mittagsangebot war seit 35 Jahren bei den Stammgästen sehr beliebt). Es gab die FAZ und die beiden Stuttgarter Zeitungen, aber keine Ruhe für die Lektüre, denn der harte Kern der Stammgäste unterhielt sich über Tische hinweg, und ein Hündchen bellte tagein, tagaus , nur sein Herrchen hatte nichts dagegen. Die Kultur des klassischen Wiener Kaffeehauses mit den flinken, und doch auf leisen Sohlen herbeieilenden Kellnern kennt man in Stuttgart nicht. Am ehesten entsprach einst noch das Café Schapmann auf der Königstraße in all seiner üpberladenen barock-schnörkeligen Pracht dem Ideal. Nachdem es indie Schloßstraße umgezogen war, verblasste der gute Ruf jäh. HEUTE: Im Café Schlossgarten sorgen weithergereiste Damenkränzchen für überbordende Stimmung (hier ist wenigstens das Personal dezent und gut geschult). Im Königsbau ist der Lärm aus der Küche dominierend, das Personal pflegt sich ungeniert laut zu unterhalten. Das Planie gibt sich französisch locker ohne einen Hauch von Heimeligkeit. Und im Café Schupp in Heslach, einem echten soliden Familienbetrieb mit bester Konditorware , hat die Mitteilungsfreude des Personals weite Übertragungswege von der Küche über das eigentliche Café bis in den Verkaufsraum zu überwinden. Im Kipp in der Schwabstraße standen die Menschen an Sonn-und Feiertagen Schlange: das Kuchenangebot jedenfalls hatte Format. Jetzt hat die Rentenversicherung den Gebäudekomplex an einen Investor verkauft. Wegen der Generalsanierung musste das Café mit dem spröden 50er Jahre-Charme weichen. Begonnen hat die Geschichte des Familienbetriebs, der über drei Generationen geführt wurde, bereits 1934, damals noch in der Büchsenstraße in Stuttgart-Mitte. Dort führte der Bäckermeister Friedrich Kipp das Café Colmar. Als der Krieg kam, wurde der Mann aus Vöhringen eingezogen und geriet in Gefangenschaft. Nach seiner Freilassung übernahm die Familie das Café Kübler an der Elisabethenstraße 28 direkt am Bismarckplatz. Von 1947 an führte Friedrich Kipp das Café und benannte es nach seinem Namen um. Als die Landesversicherungsanstalt 1954 an der Rotebühlstraße ihren Neubau fertigstellte , zog das Café an den Standort um, an dem es die letzten 58 Jahre seine Gäste bewirtet hat. In dieser Zeit holte Friedrich Kipp auch seinen Sohn Manfred zurück, der seine Wanderjahre in der Schweiz und in England zugebracht hatte. 1963 wurde der Konditormeister Teilhaber des Cafés und führte es bis vor sechs Jahren. Mit Manfred Kipp und in den letzten sechs Jahren dessen Sohn Thomas und seiner Frau standen gelernte Konditormeister in der Backstube und hinter der Theke, die ihr Handwerk verstanden. Wenn ein Kaffeehaus stirbt, dann verblassen auch alle Geschichten zu Erinnerungen. Ein paar Bilder bleiben...

Donnerstag, 26. Juli 2012

Stuttgarts zukunftsweisende Architektur


Allen, die die schwäbische Hauptstadt für reich, aber bieder halten, sei in Erinnerung gerufen, dass hier immer wieder wegweisende, in die Zukunft gerichtete Architektur entsteht. Zum Beispiel die Weissenhofsiedlung von Ludwig Mies van der Rohe, entstanden 1927, damals das wichtiste Beispiel für modernes Bauen.(Siehe Bild oben)

Staatsgalerie Stuttgart



Am 9. März 1984 wurde James Stirlings Neue Staatsgalerie für das Publikum geöffnet, bis heute eines der wichtigsten Beispiele der Postmodernen Architektur. Stirling hat, ironisch historisierend und ebenso ironisch modernistisch (grellgrüne Fenster, pink-blaue Handläufe bei den Aufgängen), ein respektloses Forum für die Kunst der Jetztzeit geschaffen. Den Vorwurf der "Monumentalitaet" hat er wie folgt gekontert:"Wir hoffen, daß der Bau ... monumental geworden ist, weil Monumentalität in der Tradition öffentlicher Bauten liegt. Aber ebenso hoffen wir, daß er informell und 'populistisch', volkstümlich, geworden ist."

Optisch kühn und dennoch funktional: das 2006 eröffnete Mercedes Benz Museum des niederländischen Architekten Ben van Berkel. Im Bild das "Hauptschiff" , vorne die Freiluftarena.

Und Ben van Berkel hat jetzt wieder in Stuttgart gebaut: das Zentrum für virtuelles Engineering des Fraunhofer-Instituts auf dem Campus der Uni Stuttgart in Vaihingen.FAZ-Rezensent Timo John spricht von " rätselhaftem Symbolismus": "Spiralen und Kurven, Rampen, Terrassen und Treppen verschmelzen zu einer Art erstarrter Rotation; man glaubt Datenströme und Informationsfluten zu ahnen, Gestalt gewordene Zukunftstechnologie."

Montag, 28. März 2011

Stuttgart mon amour: Da soll doch der Höllenblitz reinfahren!

Möglicherweise haben wir größere Sorgen als das Cannstatter Frühlingsfest. und möglicherweise auch als das alljährliche Erscheinungsbild dieses Fests, das ja wohl Klein und Groß erfreuen soll. Was soll man von der Philosophie eines Festes halten, dass mit der Schauderkulisse des sogenannten "Höllenblitz" zum Besuch einlädt. Sowohl der Name selbst wie auch die ästhetische Anmutung zeugen von wenig Esprit der Betreiber und der "in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft mbH", die den "Höllenblitz" alle Jahre wieder sozusagen als Visitenkarte des Frühlingsfestes offeriert.
Da soll doch der Höllenblitz reinfahren!

Sonntag, 27. März 2011

STUTTGART UND SEINE VERMIETER

Als mein Vermieter in diesem Jahr versuchte, die Miete von 600 auf 900 Euro zu erhöhen (plus NK!), kam es zu einem außerordentlich interessanten Briefwechsel, der in der Behauptung des Vermieters gipfelte, die Höhe der Miete sei nicht verhandelbar. Wörtlich wurde das von ihm wie folgt begründet:
"Sie bewohnen eine Wohnung in einer der am meisten bevorzugten Adressen Stuttgarts: innenstadtnah (20 Min zu Fuß zum Zentrum), mit optimaler Verkehrsanbindung (2 Min zum Bus, 5 Min zur S-Bahn), mit grünem Umfeld und einem unverbauten Traumblick auf die Stadt."
Meine Antwort:
" In Ihrer Reiseprospektschilderung fehlt nur noch der Meerblick; es ist allerdings realiter der Blick auf ein stinkendes Automeer." (Die Wohnung befindet sich über dem Schwabtunnel!)






Inzwischen wurde der Mieterverein eingeschaltet...

Landtagswahl 2011: WER MAPPUS WÄHLT...

...geht jedenfalls einer strahlenden Zukunft entgegen!

Für alle, die an Stuttgart leiden. Für alle, die in Stuttgart lieben. Für alle, die Stuttgart lieben

Ein Puzzle von Eindrücken, Erinnerungsstücken, Gefühltem und Erlebten: hier wird stehen, warum Konstantin Wecker den Ort seines ersten Auftritts in Stuttgart gerne verschweigt; mein erster Artikel in den "Stuttgarter Nachrichten" ("Stuttgart in 5 Minuten"); aber auch viel Gegenwart: wieso eine Stadt, die es nicht schafft, die Adenauerstraße unter die Erde zu verlegen, damit sie Fußgängerfreundlicher wird, ihren Bahnhof versenkt, zum Beispiel; oder Gedanken über schwäbische Vermieter; und ....
Fürs erste schon mal ein schönes Foto:
Blick vom Hasenberg auf die Schwabstraße an einem trüben Sonntagnachmittag